Die sechs Berner Startups des Circular Economy Incubator 2019
9 April 2019 - Pablo Sulzer

Die Schweizer Impact Hubs haben 2019 das Förderprogramm Circular Economy Incubator lanciert, von dem schweizweit 26 vielversprechende Startups profitieren: Coaching, Aufbau, Investorensuche und Know-How werden den Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf den Weg gegeben. Das dreimonatige Programm geht nun bald zu Ende, wir stellen hier die sechs Berner Startups vor und fragen sie nach ihren kommenden Ziele.

Bloom

Impact Hub: Wer bist du und wer gehört zu eurem Team?
Remy Buser: Wir sind zwei Mitgründer, Florent Héroguel und Remy Buser. Wir haben beide während des Studiums die Faszination und Expertise entwickelt, die molekularen Bausteine dieser Welt für einen guten Zweck einsetzen. Wir sind nun auf dem Weg, eine der grössten Herausforderungen der Gegenwart zu lösen – die Abhängigkeit der Gesellschaft vom Erdöl zu verringern.

Was macht euer Startup oder eure Idee «circular»?
Es werden jedes Jahr Millionen Tonnen wertvolles Material wegen der fehlenden Extraktionsmethoden verbrannt. Dies ist eine Verschwendung, da einige dieser Materialien Moleküle enthalten, die Erdöl ähneln und in einer Reihe von Anwendungen als Fossil Ersatz verwendet werden können. Blooms Strategie ist es, mehr Moleküle aus biologischen Abfällen (Holz, Fruchtsteine, usw) zu gewinnen. 

Die bei uns entwickelte Methode kann Holz oder landwirtschaftliche Abfälle mit bisher unerreichter Effizienz und Selektivität aufwerten. Die gewonnenen Produkte sind biobasiert, tragen daher nicht zu den CO2-Emissionen nach der Entsorgung bei und entsprechen einem großen Bedarf der «grünen» chemischen Industrie. Die ersten Märkte liegen im Bereich der Duft- und Geschmacksstoffe sowie im Design neuer Biomaterialien für Klebstoffe oder Beschichtungen.

Was wollt ihr noch 2019 erreichen?
2019 ist eine Wachstumsphase für Bloom. Neben dem CE Incubator und den Impact Hubs, evaluieren wir aktiv die Synergien mit anderen Akteuren im CE Bereich.  Noch vor Ende des Jahres will Bloom CHF 2 Mio. für den Bau einer Pilotanlage sammeln und einen geeigneten Standort identifizieren. Darüber hinaus wollen wir mindestens drei Absatzmöglichkeiten in der chemischen Industrie validieren und die entsprechenden Vorbestellungen unterschreiben.


Direct Coffee

Wer bist du und wer gehört zu eurem Team?
Zu unserem Team gehören die Co-Founder Marie und Michael Tuil, die seit 2015 mit vollem Engagement für Kaffee und soziales Engagement dabei sind, sowie Felicia, Kerem, Maya, Maris und Anna. Mein Name ist Nelson Casas Olguin und ich bin zuständig für Sales, Events, Marketing und unsere Community von Direct Coffee.

Was macht euer Startup oder eure Idee «circular»?
Wir bieten eine nachhaltige Alternative zu Alu- und Kunststoffkapseln, unsere Nespresso-kompatiblen Kapseln sind aus einem Kunststoff auf Pflanzenbasis hergestellt. Entscheidend für die Ökobilanz von Kaffee ist jedoch nicht die Kapsel, sondern die Umweltbelastung beim Kaffeeanbau. Deswegen ist der Kaffee in unseren bioabbaubaren Kapseln Waldkaffee, so dass die natürliche Biodiversität in den Bergwäldern Äthiopiens geschützt wird.

Ausserdem unterstützen wir unsere Kunden bei der Wiederverwendung des Kaffeesatzes, zum Beispiel durch unsere Kooperation mit Startup WormUpDer Kern von Direct Coffee sind unsere sozialen Projekte vor Ort in Äthiopien, die mit jedem Päckchen Kaffee durch unsere Kunden unterstützt werden.

Was wollt ihr noch 2019 erreichen?
Wir arbeiten an einer Kapsel, die nicht nur im Industriekompost biologisch abbaubar sind, sondern auch im Hauskompost zerfallen. Aktuell sind wir in Verhandlungen und hoffen die neue Kapsel  im April/Mai 2019 vorstellen zu können. Ausserdem entwickeln wir eine neue Strategie, um mehr Kunden zu gewinnen.


Glärnisch Textil

Wer bist du und wer gehört zu eurem Team?
Ich bin Yves, der Verantwortliche für die Teilnahme am CE Incubator in Bern sowie für unsere Kommunikation und zu unserem Team gehören Eva, Frank, Martin, Mara und Beat. Unsere Genossenschafterinnen und Genossenschafter unterstützen das Leitungsteam bei genossenschaftlichen Workshops und Entscheidungen.

Was macht euer Startup oder eure Idee «circular»?
Glärnisch Textil wirkt als regional verankerte und regional tätige Genossenschaft in mehrfachen Sinne circular bzw. zirkulär:
– Mit dem Prinzip «vom Stängel auf dem Feld bis zum Kleidungsstück im Gestell» holen wir die komplette, industrielle Wertschöpfung von A-Z in die Schweiz zurück. Dabei entstehen Alltagstextilien und Mode von grosser Dauerhaftigkeit und langer Verwendung.
– Mit der Gewissheit, wo in unmittelbarer Nähe welches regional gewonnene Material wie unter wohl vereinbarten Bedingungen verarbeitet wird, lebt Glärnisch Textil die Kreislaufwirtschaft zeitgemäss in ethischer, gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Hinsicht.
– Mit dem Credo, jede Komponente unseres Rohmaterials aus Hanf und Flachs in die jeweils ideale Anwendung einzubringen, haben wir weder Abfälle noch Leerläufe. Vielmehr setzen wir auf bewusste Nutzung der kostbaren Ressourcen, identitätsstiftende Arbeitsbedingungen und den Respekt gegenüber Partnern, Kundschaft und Mitwelt.

Was wollt ihr noch 2019 erreichen?
Wir wollen die bereits gemachten Erfahrungen und Erkenntnisse einsetzten, um die Hanf- und Flachsfaserproduktion zu industralisieren. Dafür gibt es einiges zu tun:
1) 
Das erste Garn produzieren und daraus ein Produkt herstellen, um die Machbarkeit der re-lokalisierten Textilproduktion zu beweisen.
2) Partnerschaften in der Wertschöpfungskette ausbauen und vertiefen.
3) Das Leitungsteam der Genossenschaft mit den nötigen Kompetenzen erweitern.
4) Die Genossenschaft in der Bevölkerung und Verwaltung im Glarnerland verankern.
5) Bekanntheit von Glärnisch Textil in der Schweiz erhöhen und den Absatzmarkt für unsere Produkte vorbereiten.


Gmüesgarte

 

Wer bist du und wer gehört zu eurem Team?
Ich heisse Simon Weidmann und gehöre zum vierköpfigen Team, dass den gmüesgarte in Bern gegründet hat. Wir leiten den gmüesgarte in unserer Freizeit – es ist unser «Hobby». Zudem haben wir acht Angestellte mit total 350 Stellenprozent im gmüesgarte.

Was macht euer Startup oder eure Idee «circular»?
Wir befassen uns mit Food Waste in der Landwirtschaft. Produkte, die aufgrund ihrer Form, Farbe oder Grösse nicht in den Handel kommen, sind unsere Ressource. Wir bieten diese Produkte unverarbeitet im Laden oder zum Abholen im Abo an, ebenso verarbeitet als Salat oder als Catering für Apéros und Events. Mit unserem Engagement setzen wir ganz am Anfang der Wertschöpfungskette von Schweizer Früchten und Gemüse an, um einen Materialfluss, der bis jetzt «downcycled» wurde, zurück in den Kreislauf zu bringen.

Was wollt ihr noch 2019 erreichen?
Im laufenden Jahr möchten wir unsere nicht normierten Produkte in die Berner Gastronomie bringen, indem wir Produzenten und Gastronomen verbinden und die Logistik übernehmen.


Komport

Wer bist du und wer gehört zu eurem Team?
Wir sind Lukas und Pio.

Lukas ist ein waghalsiger Skeptiker.
Pio ist ein gewissenhafter Macher.
Wir sind echte Berner. 

Wir zählen zusammen 79.5 Jahre.

Unser ökolgischer Fussabdruck misst zusammen 89 nag. 

Wir sind Komport.

Was macht euer Startup oder eure Idee «circular»?
Wir bauen mobile Toiletten und vermieten diese.

Wir schliessen den Erlebnis-Kreislauf bei Outdoor-Veranstaltungen, in dem wir eine geruchlose Toilette mit einem einladenden Ambiente und einem angenehmen Erlebnis bieten.

Wir schliessen den Mobilitäts-Kreislauf, indem wir regional agieren und unsere Toilette zerlegt transportieren.

Wir schliessen den Waste-Kreislauf, indem wir die Exkremente zu Kompost und Dünger verarbeiten.

Was wollt ihr noch 2019 erreichen?
Wir bauen eine Prototyp-Serie und testen diese auf unseren ersten Zielmärkten.


BioLoop
Nachwachsende Windeln

Wer bist du und wer gehört zu eurem Team?
Ich bin Andrea Chitiva Rodriguez, eine Enthusiastin für Ressourceneffizienz und -rückgewinnung, mit Leidenschaft für die Vermeidung von Treibhausgasemissionen. Meine Expertise in Datenanalyse habe ich als Wirtschaftsingenieurin während neun Jahren in der Konsumgüterindustrie etabliert und nach meinem Master in Abfalltechnik über vier Jahre im Recycling- und Abfallmanagement ausgebaut.

Was macht dein Startup oder deine Idee «circular»?
Konventionelle Einwegwindeln haben lange Transportwege, für die Produktion werden Wasser, Holz, Energie und Erdölprodukte als Material und Energieträger benötigt. Die Windeleinlagen für meine «nachwachsenden» Windeln werden aus lokalen Naturfasern produziert, enthalten weder Kunststoffe noch andere nicht kompostierte Bestandteile.

Die benutzten Windeleinlagen werden über Wurmkompost in Erde mit hohem Humusgehalt umgesetzt, um den Humifizierungsprozess zu verbessern. Damit werden bisher ungenutzte Ressourcen erschlossen. Das ersetzt den Energiebedarf für die Entsorgung der konventionellen Einwegwindeln von rund einer Tonne.

Grundpfeiler meines Startups ist die Etablierung bei lokalen Familiengruppen, die für Themen wie minimales Abfallaufkommen und kindgerechte Erziehung sensibilisiert werden. Des Weiteren sollen die Familiengruppen vertraut werden mit dem Konzept «Windelfrei», um den Bedarf an Windeln von 3 auf 1 Jahr zu reduzieren.

Was möchtest du noch 2019 erreichen?
Ein lokales Geschäftsmodell mit einer klaren Markteinführungs- und Wachstumsstrategie entwickeln und Kontakt mit Geschäftspartnern aufbauen. Als ersten Pilot will ich eine Familiengruppe gründen, die mit einem Windelprototypen das Gesamtkonzept erproben. Aktuell bin ich alleine unterwegs, deswegen will ich unbedingt dieses Jahre das BioLoop-Team verstärken.